Wenn es um Berge geht, braucht es relativ viel, um mich zu beeindrucken. Als Schweizerin, die in Nepal aufgewachsen ist, hauen mich daher ein paar schöne Berge meistens nicht vom Hocker. Aus diesem Grund hatte ich auch nicht vor, in die Huaraz Region im Norden Perus zu reisen. Schneebedeckte Berge und Bergseen: Dieses Bild bietet sich in der Schweiz oft und ich dachte, ich würde dort nichts Neues sehen.
Aber dann ging ich gleichwohl und erlebte in Huaraz die aufregendste Zeit meiner fünf Monate in Peru. Die Landschaft ist wirklich einzigartig und im Gegensatz zu Cusco und Machu Piccu ist diese Region immer noch sehr authentisch und man nimmt Teil am echten Peru.
Huaraz
Huaraz ist die Hauptstadt des Bundesstaates Ancas und liegt auf einer Höhe von rund 3050 Metern. Es ist eine Trekkingmetropole und ein Ort für Abenteurer. Touristen aus der ganzen Welt gehen dorthin, um in den Bergen der Cordillera Blanca zu wandern, klettern und biken. Wegen der Höhe dieser Region ist es ratsam, einige Tage in Huaraz zu verbringen, um sich anzuklimatisieren, bevor man auf eine Tour geht.
Huaraz ist nicht die schönste Stadt dieser Welt, aber dennoch fühlt man sich dort wohl. Die meisten Hostels sind nur wenige Gehminuten vom Hauptplatz entfernt. Es lohnt sich auf jeden Fall, einen Spaziergang durch die Stadt zu machen. Obwohl einige Quartiere klar auf die Bedürfnisse der Touristen ausgerichtet sind, ist das meiste davon vom peruanischen Alltag geprägt. Das Stadtzentrum ist laut und vollgestopft; Man findet dort unzählige Trekking-Shops, Supermärkte und Restaurants. Die beste Pizza, die ich je in Lateinamerika gegessen habe, war tatsächlich in Huaraz in Luigis Pizza. Sie war so gut, dass wir gleich zweimal innerhalb von fünf Tagen hingingen.
Im Allgemeinen ist die Atmosphäre in Huaraz sehr entspannt. Gerade auch unter den Touristen herrscht eine lockere Stimmung. Dies ist ein Ort für bodenständige und naturverbundene Leute, die etwas erleben wollen. Obwohl die Region viel zu bieten hat, ist der Tourismus immer noch sehr bescheiden. Im Gegensatz zu Cusco ist Huaraz noch nicht dem Massentourismus zum Opfer gefallen. Man findet dort überwiegend Backpacker, die sich vor der bevorstehenden Tour eine kurz Pause gönnen oder nach der letzten Tour ein wohlverdientes Bier geniessen.
Die Unterkunft:
Caroline Lodging: Dieses Hostel ist simple aber gemütlich, sauber und günstig. Zudem hat es eine super Dachterrasse, wo man das Frühstück geniessen kann
Tagesausflug zum Laguna 69
Wir beschlossen, mit einem Tagesausflug nach Laguna 69 zu beginnen. Dies ist sicherlich die beliebteste Attraktion dieser Region und man sollte sie sich nicht entgehen lassen. Eine organisierte Tour kostete uns nur rund 10 USD (35 peruanische Soles) und beinhaltete den geführten Transport hin und zurück. Wir wurden am frühen Morgen abgeholt und begannen unsere Wanderung nach einer dreistündigen Busfahrt.
Der Aufstieg startet auf 3800 Metern und führte bis auf 4600 Meter hoch, wo sich Laguna 69 befindet. Es ist ein schöner Spaziergang, aber der ganze Weg geht bergauf und je weiter man geht, umso steiler wird er.
Und dann nach drei Stunden erreicht man endlich den atemberaubenden türkisfarbenen See. Die Intensität dieser Farbe erscheint einem schier unwirklich. Dieses Naturwunder macht einen sprachlos und alle Qualen des Aufstiegs sind schnell wieder vergessen.
Wir verbrachten eine halbstündige Mittagspause am See und dann nahmen wir den gleichen Weg wieder zurück zum Bus. Auf dem Rückweg verspürte ich schon leichte Kopfschmerzen, und als ich endlich beim Bus ankam, hämmerte es schon heftig in meinem Kopf. Ich war ganz klar der Höhe zum Opfer gefallen und mir blieb nichts anderes übrig, als mich im Hostel hinzulegen und den nächsten Tag abzuwarten. Aber ich hatte nicht viel Zeit, um mich zu erholen, denn am nächsten Morgen ging es gleich weiter mit dem viertägigen Santa-Cruz-Treck.
Der Santa-Cruz-Treck
Die Huaraz Region hat ein grosses Angebot an mehrtägigen Trecks. Einer der beliebtesten ist wahrscheinlich der Santa-Cruz-Treck, der vier Tage und drei Nächte dauert. Er ist ideal für Leute, die etwas Zeit in der Natur verbringen möchten. Die Route ist nicht besonders anspruchsvoll, die Tagesdistanz ziemlich kurz und die Landschaft spektakulär. Alles vollkommen machbar für durchschnittliche Backpacker. Das einzige Problematische ist die Höhe, aber zum Glück erreicht man den höchsten Punkt erst am zweiten Tag und hat daher noch eine Anpassungsphase. Unsere Tour bestand aus zehn Touristen, einem Führer und drei Eseltreibern. Wir erreichten unseren Startpunkt nach einer langen Busfahrt kurz vor Mittag des ersten Tages. Die Wanderung war ziemlich einfach und führte uns durch Dörfer und Felder, während wir uns langsam aufwärts bis zu unserem ersten Nachtlager bewegten. Wir verbrachten die erste Nacht auf 3800 Metern, und tranken viel Coca-Tee, welcher anscheinend die lokale Medizin ist, gegen die Höhenkrankheit anzukämpfen.
Obwohl es am Tag recht warm war und wir in Shirts wandern konnten, wurde es im Moment, als die Sonne unter ging, bitter kalt. Und die Nächte waren wirklich eisig. Die Agentur hatte uns zwar mit dem nötigen Equipment ausgestattet, aber mir reichte es leider nicht. Vor allem die Matten waren schlecht isoliert und die Kälte vom Boden ging mir durch Mark und Knochen.
Der zweite Tag war der anstrengendste, da wir den höchsten Punkt erreichten. Anfänglich war alles noch ziemlich locker, aber schon nach kurzer Zeit spürten wir den Höhenunterschied und die Luft wurde immer dünner. Der Weg führte durch eine schöne Landschaft, aber leider alles bergauf. Da ich meinen Körper nicht überfordern wollte, nahm ich es aber gemütlich und hatte keine weiteren Probleme. Nach drei Stunden erreichten wir überglücklich endlich den Punta Union Pass auf 4750 Metern.
Was für eine einzigartige Aussicht!
Von dort führte der Weg wieder den Berg hinunter zu unserem zweiten Camp.
Am dritten Tag machten wir zunächst einen kleinen Abstecher zu einem Bergsee. Er war ganz schön, aber gegen den Laguna 69 kommt er nicht an.
Wir nahmen den gleichen Weg zurück und liefen an einem grossen See entlang, bis wir das andere Ende erreicht hatten und unsere wohl verdiente Mittagspause machten. Ich hatte schrecklich schmerzende Blasen an den Füssen und war froh, dass wir nur noch 1.5 Stunden vom Camp entfernt waren. Und auf dieses Camp hatten wir uns alle auch gefreut! Dort gibt es nämlich einen kleinen Laden, wo man sich ein Feierabendbier kaufen kann. Unseren Führer schien es auch zu freuen und er forderte uns mehrfach auf, ihm Bier zu kaufen. Am Ende trank er dann noch den gesamten Alkohol, den wir für diesen Abend mitgeschleppt hatten. Nach nur wenigen Stunden war er so betrunken, dass er umkippte und fast mit dem Kopf auf einem Zelthering aufschlug. Wir wussten nicht genau, ob wir von diesem Schauspiel amüsiert oder schockiert hätten sein sollen und taten am nächsten Tag einfach so, als wäre nichts passiert.
Der letzte Tag bestand nur noch aus einem kurzen Spaziergang bergab entlang eines Flusses und Schluchten und wir erreichten den Bus rechtzeitig für das Mittagessen.
Erschöpft aber glücklich erreichten wir am Abend Huaraz und gönnten uns natürlich eine Pizza in Luigi’s.
Ich genoss die Zeit in der Huaraz Region in vollen Zügen. Ich war von grossartigen Leuten umgeben und sie war eine gute Abwechslung zu meiner restlichen Zeit in Peru, die ich am Strand verbrachte. Ich kann jedem nur empfehlen, diese Treckingmetropole jetzt noch zu besuchen, bevor der Rest der Welt davon erfährt.